Was ist eigentlich Lärm? Wann wird ein Geräusch zum Lärm? Die Herkunft des Wortes gibt uns schon einen Hinweis: Lärm kommt von Alarm, und das wiederum vom militärischen Ruf „all arme“ = zu den Waffen. Lärm ist also primär ein Geräusch, das uns aufschreckt und (hoffentlich nicht) zu den Waffen greifen lässt!
Lärm ist ein Konzept in unserem Kopf. Wenn ein Geräusch uns (Menschen) stört, dann wird es zum Lärm. Der eine freut sich, wenn er Kinder beim Spielen hört, der andere findet das einen unerträglichen Lärm. Den einen durchflutet ein Glücksgefühl, wenn er sein Motorrad aufheulen lässt, während der Andere entsetzt ist über den röhrenden Lärm…
Ob etwas als Lärm empfunden wird hängt also weder von der Lautstärke ab (das Tosen eines Bergbachs/Wasserfalls wird kaum als Lärm empfunden) noch davon, ob das Geräusch künstlichen oder natürlichen Ursprungs ist. Das einzige Kriterium ist, ob uns das Geräusch ärgert oder eben nicht.
Etwas was wir als Lärm erleben, kann plötzlich zum erträgliches Geräusch werden! Zum Beispiel, wenn wir erfahren, dass der „Lärm“ von einem geliebten Menschen stammt. Oder wenn uns plausibel erklärt wird, warum ein Geräusch notwendig und in Ordnung ist. Dann wird aus dem störenden Lärm ein akzeptiertes Hintergrundgeräusch.
Ob Tiere auch zwischen Geräuschen und Lärm unterscheiden? Es gibt ja auch Geräusche, die den Hund stören (also für ihn Lärm wären) und solche, die ihm nichts ausmachen. Selbst bei den Vogelstimmen lernt man einerseits den Gesang, und andererseits den Warnruf. Und dieser sollte die sich anschleichende Katze stören.
Was erlebst Du als Lärm?
– Den tropfenden Wasserhahn?
– Die Rasenmäher der Nachbarn?
– Stimmen von Passanten morgens um zwei?
Bild oben: Ärgerlich / 67cm x 47cm / Acryl auf Aquarellpapier / 2006, Nr.06-033
Iguazú-Wasserfälle – man hört seine eigene Stimme nicht mehr und erlebt sie doch nicht als Lärm. Ich fand die Tage dort eher als befreiende, lösende Erfahrung, die zur inneren Ruhe führte.
Schönes Thema, von etwas, was nervt: Lärm
Für mich:
Hintergrundmusik und Werbeeinblendungen im Supermarkt bei gleichzeitigem Krachen der Einkaufswagen und Kindergeschrei (weil diese zu Recht genervt sind),
überhaupt die ständige Hintergrund-Musikdudelei in irgendwelchen Geschäften,
Aufheulendes Motorrad während ich auf dem Balkon sitze,
Motorsäge samstags um 9 Uhr früh in benachbarten Gärten,
In der Nachbarstadt Essen an einer auf der A40 und dann noch unter einer Brücke befindliche Haltestelle auf die Straßenbahn warten (Horror!),
stundenlanges Surren von elektrischen Rasenkantenschneidern (früher hat man sowas mit der Hand gemacht).
Das schwierigste: Zwischen all den Geräuschen noch die menschlichen Stimmen raushören, denen ich zuhören möchte – für Schwerhörige (ob mit oder ohne Hörgerät) der Albtraum schlechthin.
Schön:
wer schwerhörig ist und Hörgeräte hat, kann diese rausmachen, wenn’s zu laut wird – und schwupp, ist die Welt leiser 🙂
Musik dann hören, wenn ich sie hören will.
das Rascheln der Blätter im Wind dank Hörgeräten erstmals wieder nach Jahrzehnten hören zu können.
Ach, wieder so ein schöner Text, den ich gerne teilen werde. Das Wort „Lärm“ ist tatsächlich für viele Schüler sehr schwer zu schreiben. Viele wollen es mit e schreiben. Deshalb lasse ich sie es immer von Alarm ableiten! Das merken sie sich dann auch.
Besten Dank für Diese Beispiele und Deine Gedanken!
Ja, da kann ich richtig Mitfühlen – sind doch einige dramatische Krachmacher mit dabei. Ich wundere mich auch, dass gerade für die stille Gartenarbeit so viele lärmende Geräte angeschafft werden!
Das mit der Hintergrundbeschallung allenthalben ist wirklich eine Unsitte. Nicht nur, wenn man auf ein Hörgerät angewiesen ist! Am Strand, am Skilift, im Laden, im Fitnessstudio: immer braucht es Musik…komisch.
Das Rauschen des Sommerwinds, die Zurufe der Amseln, die Zikaden im Baum und der Regel in der Dachrinne – ich wünsche Dir viele glückliche Momente beim Lauschen!
Liebe Grüsse, Lukas
Hallo Sabine, vielen Dank für Deine Erfahrung!
Ich kann mir vorstellen, dass das für die Kinder eine große Hilfe ist. Ich war auch immer unglaublich schlecht in der Ordogravie und kümmere mich heute noch etwas zu wenig darum 🙂
All arme – vor der Erfindung der Dampfmaschine war es ja oft der Waffenlärm, der richtig laut war. Klirrende Schwerter, Kampfgeschrei und Kanonendonner … man will sich das gar nicht vorstellen!
Liebe Grüsse, Lukas
Kommentar von Ernstel Sieben, per E-Mail:
High Lukas,
ich möchte mal über deine sicher berechtigten und anregenden Fragen hinaus gehen und ein eigene Frage formulieren:
So ist Stille ein ganz seltenes Gut geworden, in einer Umwelt voll vom immer präsentem Lärm der Maschinen und Menschen, in und an fast jeden Ort der Welt.
Aber gibt es Sille überhaupt ?
An den Wasserfällen des Iguazú bin ich auch mal gewesen und es war wirklich so laut, das die Aufmerksamkeit stieg, wie es ja bei einem echten Alarm sein sollte.In der Natur gibt es kaum Lärm, weil er ja sonst seine Wirkung verlieren würde, denn man gewöhnt sich an Lärm doch relativ schnell. Was jeder Mensch, der in einer Stadt wohnt, wohl bestätigen könnte.
Dort ist Krach immer präsent, macht zwar nachweislich die Menschen krank, aber es erschreckt sie nicht mehr. Sie sind nicht mehr zu erschrecken und ignorieren einfach was ihnen zu Denken geben sollte, so ist es auch mit den Gerüchen und den anderen Sinneseindrücken für viele und wir oder unsere Sinne stumpfen ab, wobei wir beim Sinn wehren.
Jeder der einmal ein Nacht im Freien verbringen konnte, weis das die Geräusche um einen herum einen in der Dunkelheit der Nacht kaum einschlafen lassen und wenn einem der Schlaf endlich übermannt hat, wacht man doch relativ häufig zwischendrin auf, weil irgend ein unbestimmtes Geräuschen da war.
Ich habe mal in einen Urwald schlafen dürfen, in dem eine große Auswahl von Geräuschen zur selben Zeit präsent waren. Am schlimmsten waren die Affen, die es schafften, fast die ganze Nacht zu krakeelen, so das vom schlafen nicht die Rede sein konnte. Vögel Können auch sehr nervend sein, nebenbei Eulen und Gänse im besonderen, aber ich schweife ab.
Hatte ja behauptet es gäbe keinen Lärm in der Natur, bis auf wenige Ausnahmen. Es ist auch sicher eine individuelle Wahrnehmung, ob etwas als Störend empfunden wird, oder nicht. Das zu selektieren kann man ja auch lernen, um uns z.B. trotzdem auf etwas anderes konzentrieren zu können.
Worauf ich hinaus will ist, das es eigentlich keine Stille gibt in der Natur und in unseren Köpfen, vielleicht sogar im ganzen Kosmos nicht? So empfinden wir eigentümlich Stille schon dort, wo wenig passiert, optisch wie akustisch.
Mit der Stille ist es fast schon wie mit Gott, wir wissen nicht ob er/sie überhaupt existiert, weshalb wir gerne daran glauben wollen, weil es ungemein beruhigen kann. Nur an sich ist es ein Ideal, der stille See, das rauschen des Meeres, so widersprüchlich es ist beides beruhigt, weil es einem Gewissheit gibt.
Auch Leere ist so ein Ideal, die Gewissheit das es mitten in den Elementen Wasser, Erde, Feuer, Luft, die „Leerheit“ geben könnte, die alles zusammenhält, beruhigte im Mittelalter die Menschen, weshalb es wohl Metaphysik gab. Die heutzutage nur noch für wenige einen hohen Stellenwert hat.
So bleibt auch die vollkommene Stille etwas, nach dem wir uns sehnen, im Leben aber nicht erlangen können wie eine Utopie, an die wir glauben können, aber keine Gewissheit haben, ob es sie überhaupt gibt und vor der wir uns wahrscheinlich auch fürchten würden, wenn wir sie erfahren könnten.
Deshalb wird der Alarm, zum wichtigsten Gut, in einer Gesellschaft die glaubt abstumpfen zu müssen, um zu überleben; weil er uns wecken kann und sensibel machen kann, für Gefahren und die Banalität des Alltags.
Oder um es mit Lotse zu sagen: „Sille und Lärm sind gleichsam ein Stachel.. “
Grüezi Ernstel
Vielen Dank Ernstel, für die vielen Anregungen, um der Frage nach „Stille und Lärm“ weiter nachzugehen!
Ich lese gerade ein Büchlein von Siegelinde Geisel mit dem Titel „Nur im Weltall ist es wirklich still“. Schon der Titel des Buches legt den Ausgangspunkt fest: Ohne Luft, kein Schall.
Aber wenn Schallwellen und Ohren da sind, gibt es eine schier endlose Fülle von Themen rund um dieses Thema. So zum Beispiel der Klang der Glocken oder der Gongschlag, der an den Gott gerichtet war, um ihn auf die Gläubigen aufmerksam zu machen…Und der Donner als Antwort der Gottheit.
Beste Grüsse, Lukas