Die Gedanken kamen nicht in irgendeiner sprachlichen Formulierung.
Ich denke überhaupt selten in Worten.
Ein Gedanke kommt, und ich versuche dann vielleicht,
ihn in Worten auszudrücken.
Albert Einstein (1879-1955)
Wenn wir am morgen aufwachen, und uns versuchen an einen Traum zu erinnern, der eben noch da war, dann versuchen wir nicht, einen Text abzurufen. Es ist nicht ein Gedicht, das uns entfallen ist, sondern es sind innere Bilder.
Nachdem ich viele Jahre in Südamerika gelebt hatte, hatte ich das Gefühl ich würde spanisch träumen. Aber spanisch waren meist nur winzige Gesprächsfetzen oder Ausrufe der Traumfiguren, im Übrigen war der Traum nach wie vor einfach – bewegtes Bild.
Wenn wir in der Sonne liegen und Tagträumen, dann läuft vor unserem inneren Auge ein Film ab, und es ist nicht eine Geschichte, die wir uns selber innerlich vorlesen. Wenn wir uns Dinge „ausmalen“ dann machen wir ein eigenes Gemälde von dem, was wir uns wünschen.
Das geschieht alles automatisch – und trotzdem fällt es vielen Menschen schwer, auf Kommando etwas zu visualisieren. Daher gibt viele Kurse und Bücher, die einen helfen wollen, diese Fertigkeit zu erlernen: zu lernen – wie Einstein – in Bildern zu denken.
Merkwürdig, eine Ur-Fertigkeit müssen wir wieder neu erlernen?
Langezeit waren Bildergeschichten – sogenannte Comic-Strips – verpönt. Ebenso konnten Bücher mit vielen Bildern drin nicht zur gehobenen Literatur gezählt werden. Umgekehrt war es aber schon immer so, dass der Autor bildhaft erzählen musste. Je Illustrativer seine Worte, umso besser!
Der Schatz in unserer Tiefe sind die Bilder, die wir Tag und Nacht erzeugen.
In der grössten Tiefe sind jene Bilder, die noch nicht durch Worte gezähmt sind.
Und nicht selten fehlen uns die Worte, um innere Erfahrungen mitzuteilen.
Bild oben: Der Schatz in der Tiefe / 45cm x 64cm / Acryl und Collage auf Zeichenpapier / 2013, Nr.13-034
Bild unten: Cruz de Popayan, Sucre, Bolivien |
Ich muss zugeben das ich viel in Worten denke. Sehr viel. Vielleicht ist das ein Fehler? Ich habe noch nie darüber nachgedacht.
Zumindest sind es die Wort-Gedanken-Spiralen die mich wach halten und mich auf Dauer anstrengen, ja sogar herunterziehen können. Tagträume habe ich noch nie als belastend angesehen, eher im Gegenteil. Dennoch versuche ich oft meine Bildgedanken gleich in Worte einzupacken – ich könnte sie sonst vergessen. Um zu schreiben muss ich das auch zwingend machen. Die Ideen sind schnell verflogen ansonsten.
Aber wenn man es genau nimmt; Schrift besteht doch auch nur aus Bildern. Viele kleine Bilder, die aneinandergereiht einen Sinn ergeben. Damit sind auch Worte – zumindest solange sie auf dem Papier stehen – nur Bilder. Skizzen unserer Gedanken, wenn man so will. Ich glaube auch ein Autor versucht letztendlich nur ein gewaltiges Bild zu malen. Also denke ich doch in Bildern, auch wenn ich versuche Worte möglichst perfekt zu formen? Darüber muss ich mal nachdenken *grins*
Besten Dank, Ben, für Dein Denkfutter … im Moment beobachte ich ständig meinen Kopf beim denken. Ich habe den Eindruck, dass es zuerst einfach etwas wie Energien sind, die sich dann zu Erinnerungsbildern formen. Dann klebe ich ein Etikett, ein Wort dran, und das Bild verliert damit an Bedeutung. Das Etikett (zB „trauriges Kastanienbäumchen“) löst dann auch ein sekundäres Gefühl aus. Aber das Gefühl entspricht wieder eher den Energien am Anfang.
Ich schreibe laufend Tagebücher – aber die sind immer eine Mischung von Bild (oder Bildserien) und Wort (oder Wortreihen). Sobald ich Gedanken mit dem Stift festhalte, sind Bild und Wort eigentlich austauschbar. Für mich ist das Geheimnis primär: was macht mein Kopf, vor ich es niederschreibe?