Da sind sie wieder, die drei Schwestern, die das Schicksal weben!
Interessanterweise weben sie laut der nordischen Mythologie (Edda) nicht nur das Schicksal der Menschen, sondern auch das der Götter! Sie scheinen so etwas wie die
drei Erzeugerinnen des Zeit-Raums zu sein, in dem alles stattfindet.
Urd, Verdandi und Skuld. Die drei Nornen.
Der Name „Norne“ hat denselben Wortursprung wie unser „raunen“. Sie flüstern wohl, sie tuscheln, aber sie vertragen sich nicht gut, die drei!
Nicht nur im Garten Eden der Bibel gibt es einen Baum des Lebens, sondern auch in jenen Mythen treffen wir einen Lebensbaum, die Weltesche Yggdrasill. Die Esche war heilig, übrigens auch bei uns, in einigen Regionen stand sogar die Todesstrafe auf das Fällen einer Esche.
Und gleich neben der Weltesche ist die Schicksalsquelle, der „Urdbrunnen“. Die Norne Ur (oder Ur-da) war schon immer da. Sie ist Ur-alt. Auch im „wurde“ enthalten! Im Mittelalter malte man sie als alte Frau mit Blick zurück. Verdandi (=werdende), die zweite Norne, ist zuständig für die Gegenwart – sie wird als junge Frau gezeigt, die nach vorne blickt.
Die dritte Norne (die Jüngste) steht für die Zukunft. Sie wurde mit einem geschlossenen Buch in der einen Hand und der Schere in der anderen gemalt. Denn sie schnitt den Lebensfaden wieder durch. In unseren Märchen ist sie die böse Hexe. Ihr Name ist Skuld. Dieses Wort kennen wir heute noch als „Schuld“. Je länger wir leben, umso mehr Schuld haben wir offenbar:
- Wenn uns jemand etwas Gutes getan hat, stehen wir in seiner Schuld
- Etwas falsch gemacht? Dann sprechen Juristen von Vorwerfbarkeit: der Schuld.
- Hast Du eine Hypothek aufgenommen – so bist Du Schuldner.
- Und haben wir was falsches gesagt, haben wir was verschuldet.
Fast jede Religion versucht dieses Problem des Menschseins irgendwie zu lösen.
Sei es durch ein stellvertretendes Opfer, sei es durch die göttliche Begnadigung, sei es durch eine karmische Last, die man selber abarbeiten soll.
Die böse Hexe Skuld ist also noch immer unterwegs.
- Was bedeutet Schuld für Dich? (Nicht zu verwechseln mit „Sünde“)
- Ist es schlimm, wenn man als Mensch (zwangsläufig) Schuld sammelt?
Ein anderes Nornen-Bild und Gedanken dazu … Hier
Einige Überlegungen zum Zeitstrahl … HierGedanken zur Zahl DREI … Hier
BILD
Nornen / 56cm x 33cm / Ölfarbe auf Baumwolle auf Holzfaserplatte 2011, N°11-022
Dies nur als Ergänzung, drei „Hexen“ sind es auch in Shakespeares „MacBeth“:
„Unheilsschwestern, Hand in Hand,
ziehn wir über Meer und Land,
rundum dreht euch so, rundum:
Drei Mal Dein und drei Mal mein,
und drei Mal noch, so macht es neun –
Halt! – Der Zauber ist gezogen.“
Verwandte der Nornen oder gar die Nornen selbst, nur in neuem Gewandt? Die drei Frauen hinterlassen eine Spur in der Geschichte.
Vielen Dank, Pirandîl, für diese Ergänzung!
Dassind mit Sicherheit dieselben drei Schwestern. Ursprünglich waren ja alle Drei nicht böse, sondern nur sehr mächtig. Erst nach und nach änderte sich das Bild. Ob das mit der Christianisierung oder mit dem Fraunebild zusammenhing? Oder mit beidem…
Eine schöne Geschichte mit den Nornen!
Über „Schuld“ habe ich bisher nur insoweit nachgedacht; Man kann sich nicht (niemals) selbst ent-schuldigen.
Seitdem vermeide ich es mich bei jemandem zu „ent-schuldigen“. Ich bitte um Verzeihung oder frage nach ob ich ent-schuldigt werde. Doch Formulierungen wie „Ich entschuldige mich.“ versuche ich zu vermeiden. Ich mache gute Erfahrungen damit, die Menschen denen man so entgegentritt sind viel offener für Vergebung.
Gleichzeitig stört es mich, wenn sich jemand bei mir einfach mal so entschuldigt. Ich versuche mir dann immer vor Augen zu halten, das sich nicht jeder diese Gedankengänge gemacht hat. Klappt allerdings nicht immer 😉
Besten Dank Ben, was für ein interessanter Aspekt, das mit dem Entschuldigen. Werde ich im Herzen behalten.
Wir sagen so schnell etwas dahin! Aber irgendwie sind die Worte viel tiefer, viel hintergründiger.
Eigenartig, dass die Redewendung „ich entschuldige mich“ entstanden ist, aber nicht „ich verzeihe mich“ !
Ich habe mal eine Kolumne über die Ansagen im Zug gelesen, die gemacht werden, wenn er Verspätung hat: Var1. Wir bitten um Verständnis; Var2 Wir bitten um Entschuldigung; Var3 Wir bitten um Verzeihung … und wie unterschiedlich das wirkt!