Das Bild heißt Tauchfahrt.
Worte leben von den Dingen, an die man dabei denkt.
Woran denkt jemand beim Wort „Tauchen“? Für den einen ist es verbunden mit dem Urlaub am Roten Meer, wo irgend eine der zahlreichen Tauchschulen den Gästen die Welt der bunten Fische erschließt. Für den nächsten weckt Tauchen eine unangenehme Kindheitserinnerung, als man von Karlo im Schwimmbad unters Wasser gedrückt wurde. Keine Luft mehr, Todesangst! Der Dritte denkt an algenbehangene Taucherglocken oder ein Unterseeboot voller Technik.
Was auch immer: Tauchen eignet sich als Metapher für das Abtauchen in eine andere Welt. Für uns Menschen als Wesen der Luft ist das finstere Wasser die fremde Welt. Und der Besuch dort eine Nachtmeerfahrt. Die Tiefe des Meers, wie auch die Schwärze des Waldes, sind Bilder unseres Un-Bewussten, Un-Bekannten, Un-Gewollten.
Im Deutschen kommt das Wort Tauchen vom althochdeutschen „tuhari“, das ist „jemand der taucht“ – genau dieselbe Herkunft „tuhari“ hat das englische Wort „duck“ die Ente. Die Ente ist eben ein magischer Vogel. Als Tier der Lüfte ist es ihr auch in der finstern Welt der verschlungenen Wasserpflanzen wohl. Das Englische Wort für Tauchen, nämlich „to dive“, kommt aus dem lateinischen Wort deus, hat also mit dem Besuch bei einem Gott im Jenseits zu tun. Beim Neptun vielleicht oder bei seiner Gemahlin Amphitrite. Im französischen wiederum kommt das Verb für tauchen, nämlich „plonger“, von lateinsich plumbum, dem schweren Blei. So sinkt man tiefer und tiefer.
Immer wenn wir aus der gewohnten Welt heraustreten, erleben wir Dinge, die unser Leben in Frage stellen können, die ihm vielleicht eine neue Wendung geben oder eine neue Erkenntnis. Dieses Heraustreten, Untertauchen, Ab- oder Eintauchen geschieht zum Beispiel im Nachttraum. Oder bei der Lektüre eines Buchs, bei einem Film oder einer Reise. Je fremder die Erfahrung ist oder je befremdender das ist, was man bei einer Erfahrung denkt, umso aufregender ist die Tauchfahrt. Und wie die Ente werden wir in einem gewissen Sinne auch satt dabei…
Die Dinge leben von den Worten, an die man dabei denkt.
Bild oben: Tauchfahrt / 65cm x 45cm / Acryl, Collage mit Stoff, Stempel auf Zeichenpapier / 2014, Nr. 14-026
Hallo Lukas,
in dem letzten Satz….quasi das gewohnte Umfeld zu verlassen, Neues entdecken- auch Unbekanntes, diese Worte berühren mich im Moment sehr. Denn Neues, wenn auch Unbekanntes lässt uns wachsen. Wir tauchen in unser Innerstes und nehmen Emotionen wahr, die im Alltag leicht untergehen.
Dein Beitrag schenkt mir heute Morgen schon viel Gutes, vielen Dank!
Liebe Grüße und einen guten Tag
Jutta
Guten Tag Jutta,
Vielen Dank für Deine Zeilen. Ja, wo ist in unserem Alltag das „Neue Land“? Ich denke manchmal, dass wir vielleicht selbst Bekanntes noch gar nicht kennen. Dass wir es lediglich zu kennen glauben, weil wir Erinnerungen darauf projizieren. Schalten wir mal den Projektor aus, dann kommt etwas ganz anderes, etwas neues zum Vorschein!
Liebe Grüsse
Lukas